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Antrag / Anfrage / Rede

Haushaltsrede zur Gemeinderatssitzung am 16. Februar 2017

1. Einleitung
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
zunächst ein Zitat: "Der Staatshaushalt muss ausgeglichen werden, der Staatsschatz sollte aufgefüllt werden. Die öffentlichen Schulden müssen verringert werden. Die Arroganz der Behörden muss gemäßigt werden. …," so der römische Philosoph Cicero (letztes Jahrhundert vor Christi Geburt).
Wie sehr sich doch die Probleme vor über 2000 Jahren mit den heutigen ähneln.

2. Solide Finanzen – Vorsorgen statt Nachsorgen
Die Konjunktur brummt und die Grundstückpreise und die Einnahmen steigen und steigen. Auf Bundesebene (Haushaltsüberschuss:12 Mrd. Euro) wird über Steuersenkungen diskutiert.
Nicht so in Bad Rappenau:
Für 2017 sind die Aussichten im vorliegenden Haushalt äußerst düster: 4,6 Mio. Euro an neuen Schulden  und deutliche Steuererhöhungen. Nur so wäre ein genehmigungsfähiger Haushalt möglich – so der Tenor der Verwaltung bei der Einbringung des Haushalts.  
Dieser plötzliche Wetterumschwung zum Jahresende hat uns von der ÖDP dann doch überrascht.
Es hat uns umso mehr überrascht, da im letzten Jahr nie von Ausgabenkürzungen oder Abstrichen bei Baumaßnahmen die Rede war. Mit einem nicht genehmigungsfähigen Haushalt im Rücken hätten wir das aber erwartet!
Das Gegenteil war aber der Fall!  Dazu Beispiele:
2.1 Sanierung Freibad:
Für die Sanierung des Freibades sind 1,24 Mio. Euro eingeplant.
Viele der geplanten Maßnahme bringen keinerlei Verbesserungen und sorgen langfristig nur für erhöhte Betriebskosten.
Für eine wirkliche Attraktivitätssteigerung des Bades reichen 640 000 Euro aus, also die Hälfte!
Beispiele:
- Ein Matschplatz neben dem bestehenden Kinderbecken (Kosten rund 35 000 Euro) führt nur zu einer erheblichen Verschmutzung des Kinderbeckens und damit erhöhten Reinigungskosten.
- Wegen einer Strandbar soll der Strandbereich erweitert und der Spielbereich verlegt werden. Kosten in Summe: 145 000 Euro.
Die Strandbar direkt neben dem Liegebereich führt zu Lärmbelästigungen. Dazu kommen die Beschwerden der Eltern, da der Kinderspielbereich sehr weit nach hinten rückt. Bei der Gastronomie steigen die Personalkosten und damit das schon heute hohe Defizit.  
- Neubau Umkleidegebäude inkl. Abbruch: Eine Sanierung des oberen Umkleidegebäudes reicht völlig aus. Das Gebäude wird nur in Stoßzeiten benutzt. In Zukunft noch weniger, da weitere Umkleiden und Toiletten am Wasser entstehen. Einsparung gegenüber dem geplanten Neubau: 400 000.- Euro.

2.2 Beispiel: Feuerwehrhaus Abteilung Süd:  
Ist ein Fahrstuhl für rund 100 000.- Euro mit laufenden Kosten von rund 3000 Euro pro Jahr in einem Feuerwehrhaus wirklich notwendig - wohlgemerkt bei fast 5 Mio. Euro an geplanten Schulden.
Ein Feuerwehrhaus ist keine Bücherei mit täglichem, gehbehindertem Publikumsverkehr.


2.3 Unterführung: Bad Rappenau bleibt oben!
Wir begrüßen, dass die Bahnunterführung Hinter-dem-Schloss nicht mehr im Haushalt erscheint. Haben wir von der ÖDP das Projekt doch schon immer abgelehnt.
Das ist aber keineswegs der Einsicht der Verwaltung geschuldet, sondern der Finanznot der Bahn:  
Die Bahn hat eine Prüfung (!) des Projekts auf nach 2023 verschoben. Stuttgart 21 wird dafür sorgen, dass auch nach 2023 kein Geld mehr übrig bleibt.
Das Projekt ist damit de facto tot. Ärgerlich nur, dass wir dafür bereits 400 000.- Euro (386 200 Euro) in den Sand gesetzt haben!
Zumindest haben wir dafür ein Verkehrsgutachten erstellt, das eindeutig belegt, dass durch die Unterführung Mehrverkehr in die Innenstadt geholt wird (Gutachten Seite 18, Bahnhofsstraße + 63%, Wimpfener Straße, vor Kebab-Kreisel: +22%).

- Anbindung Schwaigerner Straße (Kernort Richtung Bonfeld, K2120) an die Südtangente (L530)
Dagegen bringt die Anbindung der Schwaigerner Straße an die Südtangente durch die dann mögliche Umfahrung der Innenstadt eine deutliche Verkehrsreduktion in der Wimpfner- und Raiffeisenstraße. (Wimpfner Straße: -40 %, von 8700 auf 5400 Fahrzeug pro Tag)
Und damit auch deutlich kürzere Staus an der Schranke! Zu alledem kostet es die Stadt keinen Euro, da es sich um eine Kreisstraße handelt!
Ärgerlich nur, dass diese Anbindung schon vor über 5 Jahren von verschiedener Seite im Gemeinderat vorgeschlagen wurde. Es musste erst ein teuer bezahlter Verkehrsgutachter kommen und die Maßnahme befürworten, damit was passiert!
Vielleicht wäre das ein Anlass, noch mal über unseren Vorschlag vom letzten Jahr nachzudenken:
Ziel ist eine Verkehrsleitung des Einkaufsverkehrs über den wenig benutzen, eingleisigen Bahnübergang im Außenbereich Richtung Babstadt. So sollten zusätzliche Schilder auf diese Ausweichstrecke hinweisen.
Die ablehnende Begründung der Verwaltung war einfach: Vorschriften: „Es darf nicht auf Einkaufsmärkte hingewiesen werden!“ Erstaunlich, dass dies landauf, landab geht, nur in Bad Rappenau nicht!
Aber vielleicht muss hier erst wieder ein teurer Verkehrsplaner kommen, der dies durchrechnet, bevor dann  für 500 Euro ein Schild aufgestellt wird.

2.4 Nachfolgend ein Zitat des Gehirnforschers Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer zum Einsatz von Smart-Boards in Schulen:
„In den Schulen werden die Tafeln abgeschraubt und Smart-Boards hin geschraubt. Die Dinger sind in 5 Jahren veraltet oder kaputt oder beides. … Eine Tafel ist billiger und besser und in 100 Jahren hält sie auch noch. … Es gibt keine einzige Studie, die zeigt, dass das irgendwas bringt. …. Und trotzdem wird’s gemacht. Weil Politiker sich gerne vor Smart-Boards fotografieren lassen. Und das ist mein Steuergeld. Das ärgert mich maßlos, weil hier nämlich Kinder kaputt gemacht werden mit vermeintlichen Zukunftsinvestitionen, die man besser in ein paar mehr Lehrer stecken würde.“ Zitat ende.
Es ist natürlich reiner Zufall, dass gestern (15.2.17) ein Bild in der Kraichgau Stimme zu sehen war, auf dem Kultusministerin Susanne Eisenmann vor einem Smart Board steht.

Für die Ausstattung nur der Grundschulen mit je einem Smart-Boards geben wir in den nächsten 2 Jahren 200 000.- Euro aus. Die Betreuung der Rechner und Software kostet noch mal rund 15 000.- Euro jährlich. Über 10 Jahre entstehen hier Kosten von rund 500 000 Euro nur für die Grundschulen!
Eine entsprechende, langfristige Aufstellung aller Kosten wünschen wir uns von der Verwaltung, bevor hier ohne Nutzen eine finanzielle Dauerbaustelle aufgemacht wird.
Nebenbei bemerkt: Das Land zahlt keinen Euro für die Smart Boards!

Neben der eingangs erwähnten Sinnhaftigkeit sind für uns hier noch viele Fragen offen:
- Wie wird das eine fest installierte Smart-Board organisatorisch über die mindestens 4 Klassen verteilt. Oder installieren wird demnächst für jede Klasse ein Smart-Board?
Deshalb unser Antrag, diese „Investition“ zumindest um ein Jahr zu verschieben.

2.5 Brandschutz und kein Ende!
Nach mehreren Millionen Euro in den letzten Jahren geben wir auch dieses Jahr wieder 650 000 Euro aus. Wird hier immer nach günstigen, pragmatischen Lösungen gesucht? Notfalls auch mit einem Gegengutachten! Es gibt Vorschriften, aber es gibt immer einen Interpretationsspielraum!  

3. Belebung der Innenstadt (Fußgängerzone)
Mit Sorge betrachten wir die Entwicklung um den Marktplatz. Allein im Innenstadtbereich haben wir 7 leerstehende Läden gezählt.   
Nach einem ersten Treffen von Stadt und Gewerbetreibenden muss das Thema endlich mit Priorität behandeln werden. Zusammen mit der BTB und unserem nicht mehr ganz neuen Wirtschaftsförderer sollten konkrete Verbesserungen erarbeiten werden.  
Wie zum Beispiel:
- ein offensives Stadtmarketing. Wir haben viele Stärken, die aber auch nach Außen dargestellt werden müssen: Kostenlose Parkplätze, Stadtbahnhalt fußläufig nahe zur Innenstadt.  
- Wir brauchen eine Fußgängerlenkung vom Busbahnhof zur Fußgängerzone. Deshalb unser Antrag auf eine  Werbetafel beim Busbahnhof, auf der die Firmen der Innenstadt werben inklusive einer Wegbeschreibung.
- Wir brauchen eine Verbesserung der Parkplatzsituation gerade für Behinderte und zunehmend weniger mobile Kunden. Die Geschäfte hier konkurrieren bei der Parkplatzsituation mit den großflächigen Einkaufsmärkten am Stadtrand.
Deshalb unser Antrag, drei Kurzzeit PKW-Parkplätze (inklusive Behinderten-Parkplatz) zwischen dem Eiscafe Cortina und der Kirchenstraße einzurichten. Während der Landesgartenschau war dies bereits der Fall und funktionierte problemlos.
- Wir brauchen weitere Attraktionen für Kinder und  Erwachsene, um die Aufenthaltsqualität in der Fußgängerzone zu erhöhen.
Deshalb unsere Anträge zwischen Stadteil-Brunnen und evangelischer Kirche Wasserspiele für Kinder und ein Erwachsenen-Sportgerät einzurichten.
Hier sei nach Ansicht der Verwaltung kein Platz vorhanden. Es geht hier nicht um einen Spielplatz, sondern und ein Kinder- und ein Erwachsenenspielgerät, was etwa dem Platzbedarf von 2 Tapeziertischen entspricht.  
- Wir brauchen einen Bürgerbus, auch zur Belebung der Innenstadt. Erlaubt er doch durch den Transport bis vor die Ladentür einen einfachen Einkauf auch für weniger mobile Mitbürger und Mitbürgerinnen.

4. Nachhaltiger Verkehr: Ein Bürgerbus für weniger Kosten als für ein verregnetes Lichterfest
Bürgerbusse sind im Kommen. In neun Landkreisgemeinden fahren bereits Bürgerbusse: In Abstatt, Obersulm, Nordheim, Ilsfeld, Talheim, Untereisesheim, Untergruppenbach, Güglingen und Bad Wimpfen.
In Erlenbach, Flein, Oedheim und Leingarten sind Bürgerbusse in Vorbereitung.   
Vorbildlich läuft es in Bad Wimpfen: Der Bürgerbus verbindet dort die Wohngebiete und - besonders wichtig - Kur-Kliniken mit den Einkaufmärkten und dem Bahnhof und stärkt durch seine Zubringerfunktion generell den ÖPNV.
In allen Fällen unterstützt die Verwaltung die Projekte. Meist ging die Initiative für die Bürgerbusse von der Gemeinde-Verwaltung aus.  So nicht in Bad Rappenau!
Seit über 2 Jahren verstaubt der Antrag auf einen Probetrieb bei der Stadtverwaltung. Damals – im Dez. 2014 - hieß es seitens der Verwaltung, dass der Antrag behandelt wird, falls ein Verein als Ansprechpartner zur Verfügung steht.
Ein Verein wurde gegründet (Aug. 2015) und noch mal ein Antrag gestellt (Okt. 2015). Versprochen wurde dann eine Behandlung „in einer der ersten Sitzungen“ 2016. Jetzt ist wieder ein Jahr vergangen, passiert ist bisher gar nichts. Nicht einmal eine Nachricht seitens der Verwaltung, nichts!
Auf Rückfragen, dann der Hinweis, dass die Verwaltung keine Zeit habe, sich darum zu kümmern.
Das verstehe wer will:
Wurde doch ein Teil der 6 neuen Verwaltungsstellen im letzten Jahr damit begründet, dass Anfragen aus dem Gemeinderat zukünftig schneller behandelt werden.
Zudem haben wir in unserem Antrag vom Okt. 2015 bereits formuliert, dass der Bürgerbusverein sich um fast alles kümmert (das Fahrzeug, Versicherung, Abrechnung der Fahrkosten usw.), nachdem diese Unterstützung seitens der Stadt vorweg gleich mal ausgeschlossen wurde!
Die Halte-Schilder muss aber nun mal die Stadt aufstellen. Aber auch dies scheint nun schon zu viel Aufwand zu sein, wie aus der Antwort der Verwaltung zu entnehmen ist. Es ist schon erstaunlich wie das viel kleinere Bad Wimpfen diesen „Aufwand“ gemeistert hat!
Noch zu den Ortsteilen:
Die bisherige Anbindung der Ortsteile erfolgt über den HNV (Heilbronner Verkehrsverbund). Hier Verbesserungen zu erreichen, ist Sache der Stadt in Verhandlungen mit dem HNV (Heilbronner Verkehrsverbund) bzw. Landratsamt.
Ein Bürgerbus in die Ortsteile stellt einen Parallelverkehr zum heutigen HNV-Angebot dar und wird so – nach Aussage des Landratsamtes – nicht genehmigt.
Der Bürgerbus darf generell keine Parallel-Verkehre anbieten. Das ist auch der Grund, dass wir die zwei Wohngebiete, die heute vom HNV-Bus angefahren werden, nicht mit dem Bürgerbus bedienen werden. Nur so ist es überhaupt möglich, einen Stundentakt zu erreichen.

Für eine bessere Anbindung der Ortsteile wären andere ehrenamtliche Lösungen denkbar, wie zum Beispiel Bürgerrufautos oder Mitfahrportale. Diese Verkehre sind genehmigungsfrei.
Solche alternativen, ehrenamtlichen Angebote werden es in Zukunft sicher leichter haben, wenn im Kernort schon ein entsprechendes ehrenamtliches Angebot funktioniert.
Noch zur Diskussion: Das bringt den Ortsteilen nichts.
Das ist wie mit fast jeder Entscheidung im Gemeinderat, die einen profitieren mehr, die anderen weniger.
Wir haben bisher auch den Ausbau des Kindergartens in Fürfeld unterstützt, obwohl im Kernort deutlich mehr Kinder - rund 120 - einen Platz benötigen. Hier wird auf den Neubau im Gebiet Kandel verwiesen, der erst in 2019 fertig sein wird. Der Kernortkinder sind hier eindeutig gegenüber den Ortsteilkindern im Nachteil!


5. Zum Schluss
„In den letzten 7 Jahren waren Kreditaufnahmen im Haushalt nicht notwendig. Sollten bei den Einnahmen 7 magere Jahre anbrechen, müssen wir bei den Ausgaben deutliche Abstriche machen,“ so Gerd Kreiter bei seiner letzten Rede zum Haushalt vor gut einem Jahr.
Das sehen wir von der ÖDP auch so. Zuerst sollten wir Abstriche bei den Ausgaben vornehmen, bevor wir an der Steuererhöhungsschraube drehen. Beispiele dafür haben wir genannt!
Wir bitten darum, dass diese Anträge der ÖDP auch abgestimmt werden. Mit der vorgeschlagenen Verweisung in die Ausschüsse haben wir bisher schlechte Erfahrung gemacht (siehe Bürgerbus).
Zum Stellenplan:
Die GPA (Gemeindeprüfanstalt) hat die Stellen der Rappenauer Verwaltung neu bewertet. Die vorgeschlagenen Höherstufungen von 10 Stellen tragen wir mit.
Über die GPA-Empfehlung hinaus schlägt die Verwaltung vor, alle Amtsleiter und Stellvertreter eine Gehaltsstufe nach oben zu befördern (in Summe 11 Stellen).
Diese pauschale Hochstufung lehnen wir ab.
Wir sind allerdings offen für individuelle Zulagen bzw. Höherstufungen auf allen Hierarchieebenen, die dann in 2017 zunächst besprochen und zum nächsten Haushalt umgesetzt werden können.

Dieses Mal gibt es für uns von der ÖDP viele Gründe den Haushalt und den Stellenplan abzulehnen!
Die mangelnde Kooperationsbereitschaft beim Bürgerbus, ist da nur noch der Punkt auf dem „i“.
Ich bedanke mich fürs Zuhören!

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