Antrag / Anfrage / Rede
Kreistagssitzung am 28.04.2014, in Möckmühl-Züttlingen
Zu Pkt. 2.: Änderung der Hauptsatzung
Nach nun fast 20 Jahren als ÖDP-Vertreter im Kreistag hat sich ein Trend bestätigt: Der Kreistag hat in diesen 20 Jahren kontinuierlich an Bedeutung verloren.
Ich denke da an meine Anfangszeit im Kreistag zurück. Die Krankenhäuser wurden als Regiebetrieb geführt und der Jahresabschluss wurde hier im Kreistag von Geschäftsführer vorgestellt.
Inzwischen haben wir eine Gesundheitsholding mit mehrere GmbHs. Wird heute der Jahresabschluss im Kreistag „zur Kenntnis“ genommen, so ist der GmbH Geschäftsführer nicht einmal mehr anwesend.
Es gibt hier verschiedene Aufsichtsräte, die generell nicht öffentlich tagen und in denen nur wenige Kreisräte vertreten sind. Diese Kreisräte sind dann gegenüber dem Kreistag zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Als „einfacher“ Kreisrat ohne Sitz im Aufsichtsrat bezieht man dann seine Informationen aus der Zeitung. Der Kreistag verkommt so zu einem Abknickergremium.
Eine ähnliche Entwicklung gab es beim HNV (Heilbronner · Hohenloher · Haller Nahverkehr GmbH).
Den Punkt „Zuständigkeit bei Beteiligungen des Landkreises“ begrüßen wir von der ÖDP deshalb ausdrücklich. Den oben genannten Trend kann dies aber nicht umkehren.
Weitere Punkte, die die Bedeutung der Ausschüsse und des Kreistages reduzieren, werden wir deshalb nicht mittragen. So beantragen wir, bei den Wertgrenzen einen einheitlichen Satz von 200 000.- Euro zu belassen (anstatt der 300 000.- Euro in der Vorlage). Das ist der Satz, der bisher bei Bauvorhaben und beim Vollzug des Haushaltes gegolten hat.
Die Umstellung des Jugendhilfeausschusses in einem beratenden Ausschuss halten wir für noch nicht ausdiskutiert und schließen uns hier dem Antrag der Grünen an. Wir brauchen hier als Landkreis sicher keine landesweite Vorreiterrolle übernehmen, nachdem in Baden-Württemberg bisher noch kein entsprechender „beratender Ausschuss“ eingerichtet wurde.
Zu Pkt. 3.: SLK-Kliniken – Öffentlicher Auftrag (Betrauungsakt)
Dieser Tagesordnungspunkt zeigt, wie stark die EU inzwischen auch in die Kommunalpolitik reinwirkt.
Dieser Einfluss könnte in Zukunft noch erheblich zunehmen.
Wir von der ÖDP möchten hier auf ein Thema aufmerksam machen, dass erhebliche Sprengkraft für die Kommunalpolitik birgt. (Ein Thema das wir auch unter Verschiedenes bringen können, das aber auch hier gut passt.)
Es geht um TTIP, dem Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa, das aktuell verhandelt wird.
Wir bitten die Landkreisverwaltung die Auswirkungen eines solchem Freihandelsabkommens gegenüber dem Kreistag darzustellen.
Insbesondere ist darzustellen, ob durch ein solches Abkommen und insbesondere durch den geplanten „Investorenschutz“ die Interessen der kommunalen Wertstoffwirtschaft und die Zukunftschancen der kommunalen Kliniken berührt sein könnten. Auch die Auswirkungen auf die bäuerliche Landwirtschaft mögen geprüft werden.
Sollten diese Prüfaufträge für unsere Verwaltung nicht durchführbar sein, so bitten wir um Weiterleitung an dem Landkreistag mit der Vorgabe, dort in geeigneter Form die Auswirkungen des Freihandelsabkommens auf die Kommunen und die oben genannten kommunalen Einrichtungen beurteilen zu lassen.
Begründung:
Der für das geplante Freihandelsabkommen vorgesehene Investorenschutz könnte erhebliche Gefahren für den Fortbestand kommunaler Aktivitäten wie Wertstoffwirtschaft und den Betrieb von eigenen Kliniken bringen. Es könnte als Behinderung global operierender Konzerne gewertet werden, dass deutsche Gesetze und Verordnungen die Kommunalwirtschaft schützen. Auch die für unsere regionale Landwirtschaft typischen bäuerlichen Familienbetriebe könnten durch das Freihandelsabkommen geschädigt werden, weil bislang geltende Verbraucherschutzregeln abgeschafft werden könnten und dann Nahrungsmittel aus der industriell geprägten US-Agrarwirtschaft verstärkt Zugang zu den europäischen Märkten erhalten würden. Unter dem Deckmantel des freien Handels landen so genmanipulierte Lebensmittel und Hormonfleisch auf unseren Tellern und zwar ohne Kennzeichnung!
Insgesamt ist es wichtig, dass sich die Kommunen rechtzeitig in den Prozess der Verhandlung einbringen und ihre Interessen deutlich vortragen.